Wie entwickeln wir ein „Meeting“ zu einem „Workshop“, um bessere Ergebnisse zu erzielen?
Gestern kam ein Kollege auf mich zu mit genau dieser Frage. Die Personen in seinem letzten Meeting waren kompetent und die Motivation hoch. Dennoch stellten sich die gewünschten Ergebnisse nicht ein. Als „Meeting“ bezeichne ich hier ein Arbeitstreffen mit einer losen Agenda, in dem alle Beteiligten beliebige Themen einbringen können und bei dem sich die Moderation eher im Hintergrund hält.
Mein Vorschlag war, die Arbeitsweise zu straffen. Das nenne ich „Workshop“. Voraussetzung ist eine starke Moderation, der die Teilnehmenden vertrauen können. Ich habe meinem Kollegen zwei Methoden vorgeschlagen. Der Fokus liegt auf der Integration aller Teilnehmenden und Ergebnisorientierung.
Methode: 1-2-4-Alle
Der Name dieser Methode setzt sich aus vier Arbeitsphasen (eines Workshops) zusammen, also „1“, „2“, „4“ und „Alle“. Damit ist folgendes gemeint:
- In der ersten Phase arbeitet jede Person für sich,
- danach arbeiten alle in 2er-Gruppen,
- dann in 4er-Gruppe und
- zuletzt arbeitet die Arbeitsgruppe als Ganzes zusammen.

Diese Aufteilung ist geeignet, wenn die Gesamtgruppe zwischen 12 und 24 Personen umfasst. Ist die Gruppe kleiner, kann man zum Beispiel in drei Phasen („1“, „3“, „Alle“) arbeiten. Ist die Gruppe größer, kann man die Gruppengrößen erhöhen (zum Beispiel: „1“, „3“, „9“, „Alle“) oder man kann noch eine Phase ergänzen.
Durch diesen Aufbau haben alle Teilnehmenden die Möglichkeit, sich im ersten Schritt mit dem Thema und der Aufgabe erstmal konzentriert auseinanderzusetzen. In den größer werdenden Gruppen werden verschiedene Blickwinkel parallel berücksichtigt, und erst ganz am Ende auf der Ebene der Gesamtgruppe zusammengefügt. Nach meiner Erfahrung spart das Zeit (durch gleichzeitige Bearbeitung in kleinen Gruppen), sorgt für stärkere Interaktion (zumindest in den ersten beiden Phase müssen alle sehr aktiv mitarbeiten) und berücksichtigt auch den Input von introvertierten Teilnehmenden.
Vorgehensmodell: Diamant
Der „Diamant“ ist ein Modell in zwei Phase: divergieren („außeinanderstreben“) und konvergieren („zusammenfinden“). Auf einen Workshop bezogen ist gemeint, dass im ersten Teil möglichst viele Ideen/Inhalte gesammelt werden und im zweiten Teil zu einem konkreten Ergebnis verdichtet werden.

Das Ziel so eines Workshops ist also nicht nur das Sammeln von möglichst vielen Ideen oder viel Material. Es ist auch nicht nur möglichst viele konkrete Entscheidungen, Ergebnisse oder Artefakte zu produzieren.
Es ist beides: Zuerst Ideen (oder Material) sammeln und dann zu Entscheidungen (oder Ergebnisse) verdichten.
Voraussetzung: Moderation
Ganz klar: ohne eine gute „Leitung“ wird eine Workshop nichts. Im Englischen gibt es das Wort „Facilitator“ für eine Person, die einer Gruppe ermöglicht, einen gemeinsamen Weg zu finden. Im Deutschen benutze ich dafür das Wort „Moderation“. Die Moderation muss den Workshop strukturieren, muss die Methoden und Aufgaben verständlich machen und zur Zusammenarbeit motivieren. Die Moderation muss auch die Einhaltung von Zeitbegrenzungen durchsetzen und manchmal diplomatisch eingreifen, wenn es in Diskussionen zu Reibereien kommt.
Wichtig ist nach meiner Erfahrung vor allem, dass die Gruppe der moderierenden Person vertraut und sich von ihr gerne „leiten“ lässt.
Zum Abschluss ein konkretes Beispiel
Angenommen, ich möchte ein Kunden-Event veranstalten, bin aber unsicher, wie genau das ablaufen soll. Ich lade meine Abteilung (ca. 28 Personen) zum Workshop ein. Der Workshop läuft so ab:
- Zu Beginn schreibt jede Person für sich drei Ideen auf, was bei dem Kunden-Event gemacht werden könnte (z. B. „Gemeinsames Essen“, „Spaziergang zum Aussichtspunkt“, „Disco“). Dauer: 10 Minuten.
- Nun werden die Ideen in 2er-Gruppen besprochen. Jede Gruppe entwirft eine lose Agenda (z. B. „Erst Spaziergang, dann essen gehen, am Schluss in die Disco“). Dauer: 10 Minuten.
- Nun werden die Agenda-Vorschläge in 4er-Gruppen besprochen. Es entsteht ein ausführlicherer Agenda-Vorschlag (z. B. „Erst Begrüßung und Sektempfang, dann entweder Spaziergang oder Führung durch das neue Gebäude, dann essen gehen, Verabschiedung, wer noch Lust hat geht in die Disco“). Dauer: 20 Minuten.
- Alle 4er-Gruppen stellen nun ihre Vorschläge der gesamten Abteilung vor und hängen eine Zusammenfassung an die Wand (Zettel oder Flipchart). Dauer: je Gruppe 5 Minuten, insgesamt (7*5 min) 35 Minuten.
- Am Ende stimmen alle gemeinsam ab, welcher Vorschlag der Beste ist. Dauer: 5 Minuten.
Durch Einsatz der „1-2-4-Alle“ Methode kann ich die Ideen und Blickwinkel aller Teilnehmenden berücksichtigen. Durch die „Diamant“ Methode habe ich sowohl viele Ideen gesammelt als auch ein konkretes Ergebnis produziert. Als Abteilungsleiter habe ich die Autorität, zu moderieren. Mit etwas Übung und bei straffer Durchführung erreiche ich Ergebnisse in weniger als 90 Minuten (mit wenig Vorbereitung).
Die Entscheidung über die Agenda ist nun mit Beteiligung aller entstanden und hat damit eine starke Legitimation. Eine kleines Team kann nun die Details der Veranstaltung organisieren und weiß dabei die ganze Abteilung hinter sich.
Titelbild: „Der konstruktive Zweifel“, von Nils