Ein Gemälde, Darstellung unterschiedlicher Personen vor einer Stadtkulisse

Das Club-Meeeting: Was Dich erwartet

Während des Interviews mit Melanie über den Rhetorik-Club „Toastmasters International“ (TM) möchte ich alles über den Kern der Sache erfahren, über die Club-Meetings.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Club-Meeting

Melanie, kommen wir zum Club-Meeting. Was ist die Bedeutung dieses Events? Welche Rolle spielt es für die Clubs?

Also, ein Club zeichnet sich dadurch aus, dass regelmäßig Club-Meetings stattfinden. Es ist das zentrale Event. Wenn ich in einen Sportverein gehen würde, dann ist da halt Training. Bei Toastmasters trainieren die Mitglieder regelmäßig ihre Rede- und Führungsfähigkeiten.

Das Club-Meeting ist das zentrale Event.
Wie das Training beim Sportverein.

Redner und Moderation – die wichtigsten Rollen im Club-Meeting

Beim Club-Meeting können die Mitglieder verschiedene Rollen übernehmen. Die zentrale Rolle bei jedem Club-Meeting ist die oder der „Toastmaster des Abends“. Was sind die Aufgaben dieser Rolle und was macht diese Rolle so spannend?

Der Toastmaster des Abends ist der Moderator des Club-Meetings und übernimmt die Führung des Abends. Das heißt, derjenige moderiert und steht dadurch die meiste Zeit auf der Bühne. Das ist natürlich eine tolle Chance, um Bühnenzeit zu haben und um seine Moderationsfähigkeiten zu stärken. Darüber hinaus ist der Toastmaster des Abends auch dafür zuständig, das Club-Meeting im Vorhinein zu organisieren. Es gibt [in jedem Clubvorstand] einen Vizepräsidenten für Weiterbildung, der dafür zuständig ist, dass die Clubmeetings regelmäßig stattfinden. Und derjenige übergibt diese Aufgabe an den Toastmaster des Abends für diesen speziellen Abend. Der Toastmaster des Abends ist dann dafür zuständig, Einladungsemails zu verschicken und ein Motto zu finden. Nach diesem Motto wird der Clubabend dann gestaltet. Auch die anderen Mitglieder können sich daran orientieren, wenn sie ihre Redebeiträge vorbereiten. Dann muss auch das Club-Meeting gestaltet werden. Es ist auch möglich, dass der Toastmaster des Abends entscheidet, einen Programmpunkt ausnahmsweise nicht zu machen, natürlich in Abstimmung und mit guter Begründung. Eigentlich macht der Toastmaster des Abends in Absprache mit dem Vizepräsidenten für Weiterbildung die komplette Planung des Abends. Man kan dabei gestalten, wie das Meeting ablaufen soll und einbringen, was einem wichtig ist. Ja, das ist schon eine extrem spannende Rolle.

Der „Toastmaster des Abends“ übernimmt die Führung des Abends: ein Motto finden, das Programm gestalten, Einladungen verschicken und das Club-Meeting moderieren.

Dann ist es eine Rolle, die Du sehr gerne eingenommen hast?

Ja, auf jeden Fall. Ich muss auch sagen, da habe ich mit am meisten gelernt über öffentliches Sprechen.

Eine andere wichtige Rolle bei jedem Club-Meeting sind die „Redner des Abends“. Kannst Du kurz beschreiben was die machen, welche Bedeutung das hat und wie die Redner ausgewählt werden?

Auswahl klingt so nach: „Man muss sich bewerben“. Das ist nicht so.
Als Mitglied des Clubs hat man auf jeden Fall das Recht oder vielleicht sogar auch die Pflicht, in vertretbarem Rahmen, sich in die Club-Abende einzubringen. Da ist man natürlich auch aufgefordert, Reden zu halten. Alles andere würde auch keinen Sinn machen. Dafür ist man ja da, man möchte seine rhetorischen Fähigkeiten verbessern und das geht durch Übung. Das ist wirklich die Philosophie von Toastmasters: Üben, üben, üben. Es ist tatsächlich wie ein Training. Viele sagen auch, Toastmasters ist mein Fitnessstudio fürs Gehirn oder für die Rhetorik. Das habe ich auch selber so erlebt.
Ein Wochen oder manchmal auch Tage vor dem Abend kann man sich für Redeplätze anmelden. Der Vizepräsident für Weiterbildung vergibt dann die Redeplätze. Meistens bekommen die Mitglieder einen Redeplatz, die sich als erstes gemeldet haben.

Als Club-Mitglied hat man das Recht oder sogar die Pflicht, Reden zu halten. Die Philosophie von Toastmasters:
Üben, üben, üben.

Wichtig ist dabei, dass zu jeder Rede auch ein Projekt in dem Bildungsprogramm Pathways gehört. Bevor man die Rede anmeldet, sollte man sich überlegen, welches Projekt zu der Rede passt. Oder umgekehrt, wenn man ein bestimmtes Projekt machen möchte, was für ein Redethema dazu passt.

Fortbildungsprogramm „Pathways“

Kannst du uns erklären, was man bei Pathways unter einem Projekt versteht?

Ein Projekt ist wie ein kleiner Informations-Happen in diesem Bildungsprogramm. Pathways ist komplett online. Man kann sich auf der Webseite von Toastmasters International (toastmasters.org) einloggen, hat Zugriff auf alle Unterlagen und sieht seinen Fortschritt. Dort hat man die Übersicht über seinen Pfad, für den man sich entschieden hat, und darin gibt es die Level. Innerhalb dieser Level gibt es die Projekte.

Ein Projekt könnte zum Beispiel sein: „Beschäftige dich mit dem Thema Effektive Körpersprache“. Über Texte, Videos und Bilder auf der Webseite erhält man eine kurze Fortbildung zum Thema Körpersprache: Wie man Körpersprache in Reden einbringen kann, was macht Sinn, was sind gängige Probleme. Am Ende dieser Erklärung ist eine Projektbeschreibung, zum Beispiel eine Rede zu halten, wo deine Körpersprache irgendwie eine Rolle spielt.

Grundlage jeder Rede ist ein Projekt in „Pathways“. Das Projekt soll inspirieren. Es schafft einen Rahmen, um kreativ zu arbeiten

Am Ende der allermeisten Projekte steht, eine Rede zu halten. Und diese Rede soll nicht einfach das, was man in einem Projekt gelernt hat, zusammenfassen. Ich könnte ja eine Rede darüber halten, wie man Körpersprache auf der Bühne einsetzt. Darum geht es eher nicht. Ein Beispiel: eine Frau hat mal eine Rede gehalten über das Tanzen. Sie tanzt total gerne und hat dann eine Rede gehalten und dabei auch ihren Körper eingesetzt. Das macht es aus, dass man das Thema mit dem Inhalt der Rede verknüpft. Manchmal stehen auch explizitere Handlungsanweisungen darin, aber das ist je nach Projekt ganz unterschiedlich. Was man aus den Anregungen macht, entscheidet man selber. Also, was man letztendlich bei dieser Rede macht, sagt, tut, ist einem völlig überlassen. Das Projekt soll einfach inspirieren. Ich finde, die Projekte machen es einem einfach, kreativ an seiner Rede zu arbeiten, da sie einen Rahmen vorgeben. Dadurch ist es einfacher, Redethemen zu finden und die Rede zu strukturieren. Pathways soll einem im Endeffekt die Arbeit erleichtern und einem wichtige Informationen geben, um dazu zu lernen.

Also dieses Projekt steht immer im Zusammenhang mit meiner Rede des Abends?

Genau, das ist immer die Grundlage für eine Rede.

Feedback geben

Zum „Reden“ gehört auch das Feedback, oder die Bewertung einer Rede. Ich glaube wir alle wissen, wie schwierig es ist, gutes Feedback zu geben und Kritik anzunehmen. Warum ist das Feedback ein so zentrales Thema bei Toastmasters?

Es ist gängige Ansicht bei Toastmastern, dass man nur durch Feedback besser werden kann. Feedback soll immer in sehr wertschätzender Art gegeben werden. Es soll sowohl die positiven Aspekte einer Leistung, einer Rede, einer Führungsrolle betrachten und gleichzeitig Vorschläge zur Verbesserung oder Optimierung geben.
Es soll keine reine Lobhudelei sein. Man sollte im Blick haben, dass die Person ja dazu-lernen möchte und es immer verschiedene Blickwinkel gibt.

Feedback soll die positiven Aspekte einer Leistung betrachten und gleichzeitig Vorschläge zur Verbesserung geben.

Persönlich finde ich spannend, die Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung näher zusammen zu bringen. Wenn man Reden hält, ist man ja nicht als Schauspieler dort, sondern man ist die Person, die man eben ist. Als Redner hat man das Ziel, Information zu vermitteln, genauso wichtig ist aber auch das authentische, natürliche Auftreten. Klar, man kann der leckerste Pfirsich sein, aber es gibt immer jemanden, der keine Pfirische mag – viele kennen dieses Zitat von Dita Von Teese. Es geht nicht darum jeden restlos vom Hocker zu hauen, es gibt immer jemanden der damit nichts anfangen kann. Trotzdem kann man kann die eigene Wirkung besser einschätzen, wenn man eine Fremdeinschätzung bekommt. Das kann einem wesentlich weiterhelfen bei der Auswahl der Themen und der rhetorischen Techniken.

Interessant. Es gibt eine verbreitete Meinung, dass auf der Bühne vor allem das persönliche Charisma zählt, als angeborenes und mehr oder weniger unveränderliches Talent. Toastmasters steht dem also klar entgegen und sagt: Rhetorik ist lernbar. Es gibt Techniken, die jeder einsetzen kann, um gut zu präsentieren. Mit Feedback oder Kritik kann man objektiv zeigen, an welcher Stelle man etwas verbessern und besser präsentieren kann?

Nee, man kann immer nur subjektiv Feedback geben.

Als Feedbackgebender kann man subjektive Verbesserungsvorschläge machen. Soweit verständlich. Aber ich stelle mir das auch anspruchsvoll vor. Man hat vielleicht Sorge nicht den richtigen Ton zu treffen. Wie funktioniert wertschätzendes Feedback in der Praxis?

Genau, Feedback ist immer subjektiv und es ist wichtig, dies deutlich zu machen. Das ist ganz leicht, wenn man zunächst einmal reine Beobachtungen beschreibt. Darauf aufbauend kann man einen Ratschlag geben, der aber nur ein Vorschlag sein sollte. Dabei ist es wichtig Ich-Botschaften zu senden, also nur über die eigene Wahrnehmung und Interpretation zu sprechen.

Ich könnte beispielsweise sagen: Jens, ich habe beobachtet, dass du hektisch auf der Bühne hin und her gelaufen bist. Ich vermute deshalb, dass du nervös warst. Wenn du magst, dann such dir doch beim nächsten Mal feste Punkte auf der Bühne und bewege dich nur zwischen diesen beiden Stellen. Bleib in Redepausen stehen und richte deinen Blick ins Publikum.

Neue Mitglieder haben oft den Eindruck, dass sie kein Feedback geben können. Sie sind überfordert, wenn das Thema in Pathways drankommt, was schon im ersten Level der Fall ist. Da sage ich: Du siehst dich nicht als Experte, aber letzendlich halten wir keine Reden für Experten. Du hast immer ein stinknormales Publikum, also Menschen, die sich nicht 100 Stunden mit Rhetorik beschäftigt hat. Dementsprechend bist du als neues Miglied perfekt geeignet, um die Perspektive dieses unbedarften Publikums aufzuzeigen und sehr wertvolles Feedback zu geben.

Feedback ist subjektiv und abhängig von Beobachtungen.

Also zusammengefasst: Jeder ist prädestiniert dafür, bei Toastmasters Feedback zu geben. Wenn man es im Feedback hinbekommt, den subjektiven Eindruck widerzuspiegeln, auf wertschätzende Weise, dann hat man alles richtig gemacht und einen wesentlichen Beitrag geleistet zur Weiterentwicklung des Redners.

Wie Club-Meetings während der Corona-Pandemie online gingen

Die Club-Meetings waren traditionell Live-Veranstaltungen. Viele Clubs haben während der Corona-Pandemie die Meetings ausschließlich Online durchgeführt. Wie ist Dein Eindruck von der Wandlungsfähigkeit von „Toastmasters“. Ging diese Anpassung damals problemlos? Gibt es auch andere Stellen, an denen die bisherigen Abläufe von Toastmaster hinterfragt, reformiert oder offen kritisiert werden?

Erstmal zum Thema Corona: Das war für mich sehr erstaunlich, wie agil die Organisation sich verhalten hat.
Alle Clubs standen vor der Frage, wie die Club-Meetings weitergehen, während des Lockdowns.
Erstaunlich schnell, innerhalb vielleicht einer Woche, wurde ein Konzept entwickelt. Für viele Führungspersonen innerhalb der Orga war das eine wahnsinnig große Herausforderung, alle Meetings auf ‚Online‘ umzustellen. Es hat sich meiner Meinung nach total gelohnt. Insgesamt gingen die Club-Meetings der meisten Clubs reibungslos in das Onlineformat über. War schon beeindruckend, was da an Energie reingeflossen ist. Da zeigt sich das Engagement und die Liebe zum Detail der ehrenamtlichen Organisatoren, welche Leidenschaft da reinfließt.

Durch Online-Meetigs eröffnete sich eine neue Dimension des internationalen Austausches.

Es wurden auch schnell klar, dass sich damit eine neue Dimension des internationalen Austausches eröffnete. Plötzlich konnte man Clubmeetings auf der ganzen Welt besuchen. Und es wurden auch einige internationale Meetings veranstaltet. Wir habe beispielsweise ein gemeinsames Meeting von den Toastmasters Dortmund und einem Club aus Kapstadt organisiert – über Zoom. Das wäre ohne Corona vermutlich nicht möglich gewesen. Ein weiterer Vorteil war, dass man nun auch lernen konnte im Videomeeting wirkungsvoll zu präsentieren. Das war relevant für viele Mitglieder, da ja auch viele Business-Meetings und Vorstellungsgespräche sowie ganze Konferenzen und Messen in den digitalen Raum verlegt wurden. Toastmasters hat die Chancen der Krise optimal genutzt, finde ich. Die Club-Meetings haben mir weiterhin viel Spaß gemacht und mich auch ein Stück weit durch die Pandemie getragen. Das Online-Club-Meeting war ein wichtiger sozialer Treffpunkt für mich während der Lockdown-Phasen. Das war eine super spannende Zeit! Es wurden dann sogar Clubs neu gegründet, die sich nur online treffen und damit auch international Mitglieder haben. Bis heute noch veranstalten wir bei den Toastmasters Dortmund Hybrid-Treffen, also Club-Meetings an denen man offline oder online teilnehmen kann. Somit hat die Pandemie der gesamten Organisation zu Weiterentwicklung verholfen, würde ich sagen.

Toastmasters hat die Chancen der Krise optimal genutzt und erstaunlich schnell den Umstieg auf Online-Meetings geschafft.

Als Gast ein Club-Meeting besuchen

Wenn ich Interesse habe, mal an einem Toastmasters-Meeting teilzunehmen, was muss ich tun? Und: ist es auch OK, mal einfach als Gast vorbei zu kommen und mir das erstmal anzuschauen?

Ja, das ist sogar sehr erwünscht, als Gast vorbeizukommen. Was muss ich dafür tun? Die allermeisten Clubs haben eine Webseite, Facebook, Instagram oder ähnliche Kanäle. Es gibt auch die Seite „toastmasters.org“, da gibt es den Clubfinder. Inzwischen ist es natürlich sogar möglich Clubs zu besuchen, die sich online treffen. Als Einsteiger, würde ich empfehlen, einen Toastmasters-Club zu finden, der in derselben Stadt ist. Da einfach vorbeizugehen. Man kann sich auch vorher anmelden – meistens steht beim Club eine E-Mail-Adresse dabei. Dann kann man unbedarft und ohne Vorbereitung einfach bei einem Club-Meeting vorbeischauen. Man muss auch keine Sorge haben, vielleicht direkt auf die Bühne gebeten zu werden. Als Gast kann man einfach zuschauen, sich zurücklehnen, erst mal schauen, was da auf einen zukommt.

Ich kann auf jeden Fall aus eigener Erfahrung sehr empfehlen, mal hinzugehen. Ich fand es total spannend.


Nächster Abschnitt: Toastmasters: Der Weg zur Club-Präsidentin

[Titelbild: Unsere fragile Moderne: Dada-Dachatelier (Jürgen Thenent, nach Schlichter)]

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